Zentrum mit Strahlkraft

Fünf Universitäten aus Deutschland und Afrika gestalten das Fachzentrum CERM-ESA. Gemeinsam geben sie Impulse für eine zukunftsorientierte Bildungskultur und lernen dabei voneinander.

Grundschule CERM-ESA

Viele afrikanische Länder haben ein hohes Entwicklungspotenzial – mit einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht, die das wirtschaftliche Wachstum antreibt. Um den Fortschritt zu verstetigen, sind stabile Strukturen nötig, vor allem im Bildungsbereich. Die „Centres of African Excellence“ leisten dazu einen Beitrag. Die vom DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amts aufgebauten Fachzentren unterstützen Hochschulen in Afrika dabei, die Qualität ihrer Ausbildung zu erhöhen und Forschungskapazitäten zu erweitern.

Jedes der inzwischen zehn Zentren in Subsahara-Afrika geht dabei auf spezifische Herausforderungen des jeweiligen Landes ein, etwa den Ausbau des schwachen Bankensektors in der Demokratischen Republik Kongo oder die Modernisierung des Güterverkehrs in Namibia. In Kenia widmet sich das East and South African-German Centre of Excellence for Educational Research Methodologies and Management (CERM-ESA) vor allem der Modernisierung des Bildungssystems.

Von der Vorschule bis zum lebenslangen Lernen

„Wir wollten von Anfang an das gesamte kenianische Bildungssystem adressieren – von der Vorschule über die Universität bis hin zur Möglichkeit lebenslangen Lernens. Dazu bringen wir akademische, soziale und politische Akteure zusammen“, sagt Prof. John Chang‘ach, Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaft und Projektleiter von CERM-ESA an der Moi University. Die Hochschule in Eldoret im Westen Kenias ist Hauptstandort des Zentrums, das auf deutscher Seite von der Universität Oldenburg betreut wird. Die Moi University bildet jährlich etwa 2.000 Lehrkräfte für alle Jahrgangsstufen aus. Über das Programm des CERM-ESA haben Studierende die Möglichkeit, einen forschungsorientierten Master-Studiengang in Erziehungswissenschaft zu absolvieren. Außerdem erhalten Master- und Promotionsstipendiatinnen und -stipendiaten die Gelegenheit, an jährlich stattfindenden Research Schools teilzunehmen.

CERM-ESA Workshop

In Kenia hat sich das CERM-ESA inzwischen den Status eines Beratungspartners des Bildungsministeriums erarbeitet und ist damit in politische Entscheidungsprozesse eingebunden, die das gesamte Bildungssystem des Landes betreffen. Für Dr. Dorothee Weyler, die beim DAAD die Fachzentren Afrika koordiniert, ist das ein sehr gutes Zeichen für die Wirkung der Einrichtung – besonders im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. „Wenn CERM-ESA als Hochschulprojekt die Kraft hat, bis an die Basis zur wirken, dann schafft es genau das, was mit der von SDG 4 geforderten inklusiven, gleichberechtigten und hochwertigen Bildung im Kern gemeint ist: eine Entwicklung, die möglichst große Teile der Gesellschaft durchdringt und damit lebenslanges Lernen für alle fördert.“

Im Austausch mit den neun anderen Zentren

Bei all diesen Aktivitäten steht CERM-ESA in engem Kontakt mit den direkten Netzwerkpartnern aus Deutschland, Tansania, Uganda und Südafrika, aber auch mit den neun anderen Zentren. „Im großen Netzwerk der Fachzentren-Initiative bietet CERM-ESA auch viele Trainingsmöglichkeiten für Lehrende und Studierende aller Zentren“, so Dr. Dorothee Weyler. Lehrende, Forschende und akademisches Personal aus allen Partnerländern können sich in intensiven Workshops zu zahlreichen Themen weiterbilden, von Hochschuldidaktik und -management bis hin zu Forschungsmethoden und Schreibtechniken.

CERM-ESA Treffen Berlin

Weil immer auch die eigene Expertise der Teilnehmenden in die Kurse einfließt, entfaltet das Programm eine Breitenwirkung – auf dem afrikanischen Kontinent und langfristig auch darüber hinaus, sagt Dr. Susan Kurgat, CERM-ESA-Koordinatorin an der Moi University. „Das Besondere an unseren Programmen ist die Art und Weise, wie wir ein starkes Netzwerk von Partnern im globalen Süden und Norden aufgebaut haben. Wir lernen dabei voneinander und tragen gemeinsam zur Vision einer integrativen, sozial gerechten und qualitativ hochwertigen Bildung für alle bei – in unseren jeweiligen Ländern und weltweit.“

„Strukturen aus der Kolonialzeit überwinden“

Damit zahlt CERM-ESA nicht nur auf das Nachhaltigkeitsziel hochwertiger Bildung ein, so Prof. Dr. Bernd Siebenhüner, einer der beiden Projektleiter an der Universität Oldenburg: „Bildung hat das Potenzial, auch viele andere SDGs zu stärken. Dadurch können wir ökologische, soziale und ökonomische Ziele effektiv vorantreiben.“ Aus Sicht von Malve von Möllendorff, CERM-ESA-Koordinatorin an der Universität Oldenburg, geht es auch um die historische Verantwortung ehemaliger Kolonialstaaten: „In Kenia – wie in vielen anderen afrikanischen Ländern – wurde Bildung lange als koloniales Herrschaftsinstrument missbraucht, um Menschen für niedere Tätigkeiten auszubilden oder Eliten zu gefügigen Partnern zu machen.“

Deshalb gehe es heute auch darum, formale Bildungsstrukturen und -prozesse dahingehend zu hinterfragen, inwieweit sie tatsächlich allen Menschen zugutekommen, zur Persönlichkeitsentfaltung beitragen und ein erfülltes Leben ermöglichen, so von Möllendorff. „Wir müssen uns bewusst machen, was an Erbschaften noch da ist, sowohl in den Hochschulstrukturen als auch in den Köpfen. Und intensiv daran arbeiten, diese zu überwinden und neue, lokal wirksame Strukturen aufzubauen.“

 

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